Unternehmenssoftware & Unternehmenserfolg

Effektive Unternehmensführung bedeutet nachhaltige Harmonisierung der Informationssystemstrategie mit der führenden Unternehmensstrategie.

Autor: Dr. Felix Piazolo (Universität Innsbruck, Institut für Strategisches Management, Marketing und Tourismus)

ERP-Systeme als Zentrum strategischer Informationssystemlandschaften

Zur Abbildung zentraler sowie vor- und nachgelagerter Geschäftsprozesse einer Organisation haben sich Enterprise Resource Planning (ERP) Systeme als ganzheitliche Unternehmenssoftware entlang der jeweils relevanten Wertschöpfungsketten durchgesetzt [8]. Die organisationsweiten und -übergreifenden Auswirkungen dieser Systeme verlangen es von der Unternehmensleitung hochgradig integrierte Informationssysteme nicht als andauerndes technisches oder rein operatives Projekt zu betrachten, sondern als strategisches Programm [1].
Häufig sind ERP Systeme der zentrale Bestandteil einer orchestrierten Gruppe von strategischen Informationssystemen (SIS), welche die Formulierung und Umsetzung strategischer als auch operativer Pläne und Entscheidungen ermöglichen und somit einen signifikanten Beitrag zur Leistungs- und Wettbewerbsfähigkeit beisteuern. Sie müssen dabei nicht gezwungenermaßen computerbasiert sein, sondern können auch manueller, formeller und informeller Art sein [11].
SIS sind für das mittel- und langfristige Sicherstellen der Wettbewerbs- und Überlebensfähigkeit einer Organisation relevant. Durch deren adäquaten Einsatz können wertvolle Wettbewerbsvorteile erzielt sowie nachhaltig geschützt und erhalten werden. Im Gegensatz zu beispielsweise Führungsinformationssystemen (FIS) oder Business Intelligence Systemen (BIS) sind SIS nicht dem (Top-)Management zur strategischen Entscheidungsfindung vorbehalten, sondern dienen auf jeder Organisationsebene der Erreichung von Zielen, der Ab-bildung der betrieblichen (Kern-)Prozesse, der Steuerung und Beeinflussung des Produkt-portfolios sowie der internen und externen Beziehungen im Sinne des Unternehmenserfolgs [6]. Der Begriff „Strategische Informationssysteme“ ist somit weitreichender als FIS oder BIS [8].

Effizientes und effektives Informationsmanagement

SIS bieten die zentrale Datengrundlage für ein durchgängiges Informationsmanagement innerhalb einer Organisation. Das durchgängige Sammeln, Zuordnen und Speichern von Informationen mittels integrierter Systemlandschaften ermöglicht eine strukturierte Informationsaufbereitung und -verwertung. Erfolgreiches Informationsmanagement erfordert jedoch nicht nur die Bereitstellung einer adäquaten Informationsbasis, sondern insbesondere eine sinnvolle Reduktion der Komplexität an verfügbaren Daten entsprechend der vorherrschenden Informationsbedürfnisse. Es ist nicht ausreichend, Informationen zu sammeln, aufzubereiten und verfügbar zu machen, sondern es muss vorrangig erfasst werden, wie der spezifische Informationsbedarf im Detail ausgeprägt ist. Das Informationsangebot muss entsprechend geplant, aufbereitet und zielgerecht zur Verfügung gestellt werden. Schlussendlich entscheidet die Informationsdistribution darüber, inwieweit die Informationen den richtigen Empfänger zur passenden Zeit erreichen, um operative und teilweise strategische Entscheidungen treffen zu können. Um diesen Anforderungen gerecht zu werden, die definierten Informationsmanagementziele zu erreichen und die zentralen Geschäftsprozesse zu unterstützen, werden Enterprise Content Management Systeme (ECM), Business Intelligence Systeme und Business Performance Measurement Systeme eingesetzt [8]. Zur Bewertung des Nutzens des Einsatzes entscheidungsunterstützender Informationssysteme müssen den Investitionen und laufenden Aufwendungen die Effekte steuerbarer operativer und strategischer Geschäftsprozesse gegenübergestellt werden [5]. Dabei muss auch der betrachtete Zeithorizont kritisch hinterfragt werden, da dieser einen entscheidenden Einfluss auf die Kosten-/Nutzenanalyse hat.

Informationssysteme und strategische Unternehmensführung

Die Qualität betrieblicher Entscheidungen ist geprägt von den Fähigkeiten der Führungselite des Unternehmens [8]. Der Erfolg der Gesamtunternehmung ist zu einem hohen Maß von den mentalen Modellen und den Leadership-Eigenschaften der Unternehmensleitung abhängig (s. Abbildung 1) [4]. Organisationen können durch die adäquate Einbettung der eingesetzten Informationssysteme, insbesondere der SIS und der darin abgebildeten Geschäftsprozesse, diese Fähigkeiten zu einem gewissen Grad im gesamten Unternehmen auf unterschiedlichen Hierarchiestufen verankern.
Dazu muss die Informationssystemstrategie auf die Unternehmensstrategie abgestimmt werden und mit dieser in Einklang gebracht werden [9]. Wird dies nicht laufend hinterfragt und durchgängig in dieser Form umgesetzt, ist eine nachhaltig erfolgreich eingesetzte strategische Unternehmensführung nicht möglich.
Die Führungselite und das Management müssen in enger Zusammenarbeit mit den Verantwortlichen der IT definieren, in welcher Form die eingesetzten Informationssysteme die strategischen Vorgaben unterstützen bzw. erfüllen können. Dies ist ebenso wie die strategische Unternehmensführung ein dauerhaft wiederkehrender Prozess. Diverse Untersuchungen zeigten bereits in den 80er Jahren des letzten Jahrhunderts die positive Korrelation zwischen dem adäquaten Einsatz strategischer Unternehmensführung und dem wirtschaftlichem Erfolg auf [7,10,2]. Dieser Effekt kann durch die Ausrichtung der Informationssystemstrategie entsprechend der strategischen Unternehmensführung verstärkt werden. Unternehmen sollten dabei folgendes dauerhaft berücksichtigen [8]:

1. Hochintegrierte und an den zentralen Wertschöpfungsprozessen beteiligte Unternehmenssoftware ist kein kurzfristig technisches oder ausschließlich operatives Projekt, sondern ein dauerhaft strategisches Programm.
2. Informationssystemstrategien dienen ausschließlich den Zielen und Vorgaben der strategischen Unternehmensführung und führen dadurch zu einem verbesserten wirtschaftlichen Erfolg.
3. Um effiziente Entscheidungsgrundlagen entsprechend der Informationsbedürfnisse anbieten und das effektive Handeln entsprechend der strategischen Unternehmensführung sicherstellen zu können, muss sich das Topmanagement in Zusammenarbeit mit den Fachabteilungen periodisch mit der Harmonisierung der Informationssystemstrategie mit der Unternehmensstrategie auseinandersetzen.

Es stellt sich schlussendlich jeder Organisation periodisch dieselbe zentrale Frage: Dient die eingesetzte Unternehmenssoftware dem Unternehmenserfolg?

 

Literatur:
[1] Bendoly, E./Jacobs, F. R. (2005): Strategic ERP – Extension and Use, Stanford.
[2] Covin, J./Slevin, D. (1989): Strategic Management of Small Firms in Hostile and Benign Environments. In: Strategic Management Journal, Volume 10, Issue 1/1989, S. 75-87.
[3] Hinterhuber, H. H. (2011): Strategische Unternehmensführung – Band 1: Strategisches Denken, 8. Aufl., Berlin.
[4] Hinterhuber, H. H. (2004): Strategische Unternehmensführung – Band 2: Strategisches Handeln, 7. Aufl., Berlin/New York.
[5] Knechtenhofer, O. (2001): Möglichkeiten und Grenzen einer Integration von CRM- und ERP-Systemen. Lizentiatsarbeit 2001-11. Bern.
[6] Laudon, K./Laudon, J./Schoder, D. (2009): Wirtschaftsinformatik – Eine Einführung, 2. Aufl., München.
[7] Michel, R. (1986): Know-how der Unternehmensplanung, Heidelberg.
[8] Piazolo, F./Paa, L./Keckeis, J. (2012): IT-Embedded Strategic Management. In: Mittelstand kompakt, Volume 1, Issue 2/2012, S. 24-27.
[9] Rettig, C. (2007): The Trouble With Enterprise Software. In: MIT Sloan Management Review, Volume 49, Issue 1/2007, S. 21-27.
[10] Rhyne, L. (1986): The Relationship of Strategic Planning to Financial Performance. In: Strategic Management Journal, Volume 7, Issue 5/1986, S. 423-436.
[11] Wheelen, T. L./Hunger, J. D. (2010): Strategic Management and Business Policy – Achieving sustainability, 12th Edition, Upper Saddle River.

 

Fachartikel (erschienen im ERP Booklet 2014) zum Download:  icon_pdf